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Kapitel 17

Mikrobielle Ökologie und Biogeochemie


Bearbeitet von: Dirk Brouwer & Marc Hufnagl

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(1) Wie sind Autökologie und Synökologie definiert?

(2) Welche einfache Formel beschreibt sowohl die Photosynthese als auch den aeroben Abbau?

(3) Was ist Sekundärproduktion?

(4) Welche Typen von Wechselbeziehungen gibt es zwischen Organismen?

(5) Was sind Symbiose und Syntrophie?

(6) Welche Schritte erfordert der Abbau organischer Substanz?

(7) Was unterscheidet aerobe und anaerobe Abbauprozesse?

(8) Welche Schritte im Stickstoffkreislauf werden nur von Prokaryoten geleistet?

(9) Welche Dimension hat der KS-Wert?

(10) Welche Parameter bestimmen die Diffusion in einem Gradienten?

(11) Wie bestimmt man Gesamtzellzahl und Lebendzellzahl von Bakterien?

(12) Was bestimmt die Substrat-Affinität eines Bakteriums?

(13) Welche Vorteile bieten Fluoreszenz-Techniken?

(14) Wie analysiert man Artenvielfalt an natürlichen Standorten?

(15) Wieviele Bakterien enthält 1ml See- oder Meerwasser?

(16) Weshalb ist der Phosphorkreislauf von Redox-Prozessen im Sediment abhängig?

(17) Was ist das heterotrophe Potenzial?

(18) Woher kommen die Energiequellen der exotischen Lebensgemeinschaften an heißen Hydrothermalquellen?


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(1) ? Wie sind Autökologie und Synökologie definiert?

  

   Man unterscheidet drei ökologische Betrachtungsebenen: Autökologie, Synökologie und Demökologie. Die Autökologie beschäftigt sich mit den Wechselwirkungen von Organismen und ihrer Umwelt auf der Ebene des Individuums, die Demökologie mit denen auf der Ebene der Population und die Synökologie mit denen auf der Ebene der Lebensgemeinschaft.


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(2) ? Welche einfache Formel beschreibt sowohl die Photosynthese als auch den aeroben Abbau?

  

   Diese beiden Prozesse lassen sich durch die einfache Formel

CO2 + H2O -> <CH2O> + O2

beschreiben. Die Bildung von Biomasse <CH2O> in dieser Gleichung erfolgt durch die oxygene Photosynthese, wie sie von den grünen Pflanzen, den Algen und den Cyanobakterien durchgeführt wird. Die Umkehrung dieser Reaktion wird als aerober Abbau bezeichnet. Heterotrophe Organismen nehmen die Biomasse, z.B. Glucose, auf und oxidieren sie bis zur Stufe des Kohlendioxids. Die entstehenden Reduktionsäquivalente werden in einer Atmungskette auf Sauerstoff übertragen.


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(3) ? Was ist Sekundärproduktion?

  

   Als Sekundärproduktion bezeichnet man den Biomassenaufbau heterotropher Organismen, die von der in der Photosynthese gebildeten Biomasse leben. Sie bilden ihre Biomasse, indem sie die aufgenommene organische Substanz in körpereigene Biomasse umwandeln. Dabei wird jedoch nicht alles assimiliert, sondern ein Teil wird auch für die dissimilatorische Energiekonservierung benötigt.
Stark vereinfacht könnte man sagen, daß die Produzenten mit der oxygenen Photosynthese und die Konsumenten mit dem aeroben Abbau eine syntrophe Beziehung haben, bei der der eine das Substrat des anderen bildet.


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(4) ? Welche Typen von Wechselbeziehungen gibt es zwischen Organismen?

  

   Man unterscheidet (mindestens) sechs Typen von Wechselbeziehungen zwischen Organismen oder Populationen:
1. Neutralismus: Keine von zwei Arten hat einen Vor- oder Nachteil.
2. Kommensalismus: Während die eine Art weder Vor- noch Nachteile hat, profitiert die andere.
3. Amensalismus: Während die eine Art weder Vor- noch Nachteile hat, hat die andere einen Nachteil.
4. Symbiose bzw. Syntrophie: Beide Organismen haben einen Vorteil von der Beziehung. Symbiose bezieht sich auf das räumliche Zusammenleben, Syntrophie auf die verwerteten Substrate.
5. Parasitismus, Räuber- Beutebeziehung: Während eine Art von der Beziehung profitiert, hat die andere einen Nachteil.
6. Konkurrenz: Beide Organismen haben einen Nachteil aus der Beziehung zueinander.


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(5) ? Was sind Symbiose und Syntrophie?

  

   Als Symbiose bezeichnet man das enge Zusammenleben zweier Organismen in einer wechselseitig vorteilhaften Beziehung. Die extremste Form einer solchen Symbiose ist die Endosymbiose, bei der ein Symbiont in den anderen eindringt. Die Symbiose ist jedoch nicht immer obligat. Manchmal können beide Organismen auch getrennt leben. Z.B. sind Flechten eine symbiotische Assoziation von Pilzen mit Cyanobakterien oder Algen. Obwohl beide Partner auch allein existieren können, ermöglicht das Zusammenleben ihnen das Besiedeln extremer Standorte.
Im englischen Sprachraum wird Symbiose auch für enge Assoziationen ohne positive Wechselwirkung verwendet.

Syntrophie ist die Kooperation zweier Organismen, welche zu Stoffwechselleistungen führt, die einer der Partner separat nicht vollbringen kann. Die Substrate werden dann unter den Individuen ausgetauscht.


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(6) ? Welche Schritte erfordert der Abbau organischer Substanz?

  

   1. Da die meisten organischen Verbindungen in der Natur als Polymere vorkommen, ist der erste Schritt des Abbaus die Depolymerisierung des Substrates durch hydrolytische Exoenzyme bzw. Ektoenzyme.
2. Der zweite Schritt ist die Aufnahme der Monomere oder manchmal auch Oligomere durch spezifische Transportsysteme.
3. Der dritte Schritt ist der Metabolismus, durch den der größte Teil zu CO2 abgebaut wird (Katabolismus), während ein kleinerer zu Biomasse umgebaut (assimiliert) wird (Anabolismus).


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(7) ? Was unterscheidet aerobe und anaerobe Abbauprozesse?

  

   Während beim aeroben Abbau ein Organismus sein Substrat in der Regel vollständig zu CO2 oxidiert, erfolgt der anaerobe Abbau typischerweise mehrstufig, wobei verschiedene Spezies zusammenarbeiten. Dies geschieht, obwohl die frei werdende Energie beim anaeroben Abbau ohnehin geringer ist als beim aeroben Abbau. Die am anaeroben Abbau beteiligten Organismen sind meist Spezialisten, die nur einen Schritt des Abbaus durchführen. Typisch für anaerobe Abbauprozesse ist folgendes Beispiel: Primäre Gärer leisten eine Disproportionierung des Substrates, wobei die reduzierten Gärprodukte eigentlich nichts anderes sind als Abfall, mit dessen Hilfe NAD regeneriert wurde. Die Gärprodukte werden nun von anderen Organismen genutzt. Die Sulfat-Reduzierer beispielsweise nutzen die Gärprodukte und Wasserstoff und bilden CO2 und reduzieren Sulfat zu H2S. Die acetogenen Gärer benutzen die Gärprodukte und bilden daraus Acetat und Wasserstoff. Sie können jedoch nur wachsen, wenn der Wasserstoff dem System kontinuierlich entzogen wird. Dies wird von methanogenen Bakterien geleistet, die selbst nur Wasserstoff und Acetat verwerten.


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(8) ? Welche Schritte im Stickstoffkreislauf werden nur von Prokaryoten geleistet?

  

   Der Stickstoffkreislauf lässt sich in mehrere Abschnitte unterteilen:
a. Nitrifikation: NH4+ -> NO2- -> NO3-
Die Nitrifikation, ein lithotropher Prozess, wird von stets von zwei syntrophen Bakterien geleistet. Der erste Schritt wird z.B. Nitrosomas katalysiert, der zweite z.B. von Nitrobacter.
b. Denitrifikation: NO3- -> N2
Die Denitrifikation, ein anaerober Atmungsprozess, wird z.B. von Bacillus oder Pseudomonas durchgeführt.
c. N2-Fixierung: N2 + 8 [H] -> NH3 + H2
Aerob wird die Stickstofffixierung z.B. von verschiedenen Cyanobakterien geleistet, anaerob von Clostridium und in Symbiose von Rhizobium
d. Ammonifikation: Ammoniak kann auf zwei verschiedenen Wegen gebildet werden, entweder durch Freisetzung aus organischen Verbindungen (vor allem Aminosäuren) während des Abbaus organischer Substanz

Norg. -> NH4+


oder durch einen Atmungsprozess, der nicht zur N2-Bildung führt wie die Denitrifikation und deshalb als dissimilatorische Nitratammonifikation bezeichnet wird.

NO3- -> NH4+

Nitrat-Ammonifikation als Atmungsprozess ist ein bakterieller Prozess, die Freisetzung von Ammonium aus organischen Verbindungen können dagegen auch sogenannte höhere Organismen ausführen.


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(9) ? Welche Dimension hat der KS-Wert?

  

   Der KS Wert, die sogenannte Halbsättigungskonstante, gibt an bei welcher Substratkonzentration die Bakterien mit halbmaximaler Rate wachsen. Sie ist also eine Konzentrationsangabe und wird z.B. in mmol/l (= mM) angegeben.


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(10) ? Welche Parameter bestimmen die Diffusion in einem Gradienten?

  

   Nach dem ersten Fick'schen Gesetz errechnet sich der Diffusionsfluss durch eine Schicht abhängig von der Durchlässigkeit des Mediums (Diffusionskoeffizient D), der Fläche (A) und dem Gradienten in der Schicht
Der Zusammenhang ist offensichtlich. Je leichter eine Substanz durch eine Schicht hindurchdiffundieren kann, je größer die Fläche ist über die Diffusion stattfindet und je steiler der Gradient ist, desto größer ist der Diffusionsfluss.


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(11) ? Wie bestimmt man Gesamtzellzahl und Lebendzellzahl von Bakterien?

  

   Die Bakteriengesamtzahl lässt sich mit Hilfe fluoreszierender Farbstoffe wie Acridin-Orange und DAPI bestimmen. Diese werden der Probe zugesetzt und lagern sich in die DNA-Doppelhelix der Zelle ein. Bei UV-Lichteinstrahlung beginnt nur der eingelagerte Farbstoff zu fluoreszieren und kann auf einem dunklen Hintergrund in einem Epifluoreszenz-Mikroskop registriert werden. Nachteil bei dieser Methode ist, dass man auch DNA mitzählt, die extrazellulär überdauert. Eine veraltete Methode zur Gesamtzahlbestimmung besteht darin, dass man eine Verdünnungsreihe herstellt und die Bakterien in einer Zählkammer (z.B. Thoma-Kammer) auszählt. Ein entscheidender Nachteil dieser Methode ist jedoch die Verwechslung von Bakterien und anderen Partikeln, die sich in der Probe befinden.
Zur Bestimmung der Lebendzellzahl erstellt man ebenfalls eine Verdünnungsreihe und läßt die Bakterien auf Agar-Platten oder in Flüssigmedien wachsen. Dabei entstehen einzelne Kolonien, bei denen man davon ausgehen darf, dass sie aus nur einer Zelle hervorgegangen sind. Anschließend kann man mittels statistischer Verfahren die Lebendzellzahl bestimmen. Meist liegt Lebendzellzahl bei etwa 1% der Gesamtzellzahl. Das liegt zum einen daran, dass einige der bei der Gesamtzellzahl gezählten Zellen bereits tot waren. Der weitaus wichtigere Grund ist jedoch, daß sich viele der Bakterienarten nicht auf Standardmedien kultivieren lassen.


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(12) ? Was bestimmt die Substrat-Affinität eines Bakteriums?

  

   Man bildet den Quotienten aus maximaler Wachstumsrate und Halbsättigungskonstante. Je größer die Wachstumsrate und kleiner der KS-Wert, desto größer ist die Substrataffinität. Bestimmt wird die Substrataffinität von verschiedenen Faktoren, etwa Transportmechanismen, Stoffwechselwege sowie die Affinität der Enzyme.


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(13) ? Welche Vorteile bieten Fluoreszenz-Techniken?

  

   Mittels der Fluoreszenz-Technik bringt man die gesuchten Objekte vor einem dunklen Hintergrund zum Leuchten und hat dadurch ein sehr gutes Signal-Hintergrund-Verhältnis. Die sichtbar gemachten Partikel können sogar kleiner als die Auflösungsgrenze des Mikroskops sein. (Allerdings erscheinen zwei sehr nahe beieinander liegende Partikel als eines.) Es lassen sich die verschiedensten Träger für fluoeszierende Gruppen verwenden. In manchen Fällen fluoreszieren Stoffe erst, nachdem sie in einer gesuchten Reaktion umgesetzt wurden.


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(14) ? Wie analysiert man Artenvielfalt an natürlichen Standorten?

  

   Die Analyse der Artenvielfalt an natürlichen Standorten ist eine schwierige und komplizierte Angelegenheit, da sich nur ein geringer Teil der vorhandenen Mikroben kultivieren lässt und weil der überwiegende Anteil der existierenden Arten noch nicht beschrieben ist. Um dennoch eine Aussage über die Artenvielfalt an einem Standort machen zu können, benutzt man verschiedene Verfahren.
Ein Verfahren ist die Anwendung von fluoreszierenden Antikörper-Sonden, die spezifisch an Oberflächen-Antigenen von bestimmten Bakterienarten haften. Dies ermöglicht die Identifizierung einzelner Arten. Heute werden immer mehr fluoreszierende RNA-Sonden eingesetzt, die spezifisch an Sequenzen von 16S-rRNA binden. Damit können Bakterien größeren phylogenetischen Gruppen oder aber auch Arten zugeordnet werden.
Ein anderes Verfahren ist die Identifizierung bestimmter DNA-Sequenzen mittels PCR und anschließender denaturierender Gradienten-Gelelektrophorese. Dabei werden gleichlange doppelsträngige DNA-Stücke nach ihrer Sequenz getrennt, da sie während der Gelelektrophorese, abhängig von der Position von GC-Paaren an verschiedenen Stellen eines denaturierenden Gradienten ausfallen und charakteristische Banden bilden.


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(15) ? Wieviele Bakterien enthält 1ml See- oder Meerwasser?

  

   Viele natürliche Gewässer enthalten etwa 106 Bakterien pro ml. Diese Anzahl ist relativ konstant, da Zooplankter, die sogenannten Grazer, die Bakterien bis zu dieser Konzentration effektiv abweiden. Wenn es weniger Bakterien sind, lohnt sich das Abweiden energetisch nicht mehr. Nur in sehr nährstoffarmen "Wüsten der Ozeane" sinken die Konzentrationen der Bakterien auf unter 105 Bakterien/ml. Auf Sedimenten und marine snow finden sich dagegen hohe Bakterien- konzentrationen von 108 bis 1010 Zellen/ml.


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(16) ? Weshalb ist der Phosphorkreislauf von Redox-Prozessen im Sediment abhängig?

  

   Phosphat dient nicht als Elektronendonator oder -akzeptor, ist jedoch oft wachtumslimitierender Faktor da es leicht mit mehrwertigen Kationen, vor allem Fe3+ auszufällt. Dadurch wird Phosphor im Sediment angereichert. Um diesen Phosphor wieder biologisch zugänglich zu machen, muss das Eisen unter anoxischen Bedingungen zu Fe2+ reduziert werden, das das gebundene Phosphat wieder entlässt.


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(17) ? Was ist das heterotrophe Potenzial?

  

   Das heterotrophe Potenzial ist ein Maß für die potenzielle Aktivität heterotropher Bakterien. Man setzt markierte organische Substrate (z.B. 14C-Glucose) zu und misst die stimulierte Aktivität pro Zeiteinheit.


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(18) ? Woher kommen die Energiequellen der exotischen Lebensgemeinschaften an heißen Hydrothermalquellen?

  

   Wichtiger Elektronendonator für die Lebensgemeinschaft an solchen "Black Smokern" ist Schwefelwasserstoff. Es wird von der Hydrothermalflüssigkeit mit einigen anderen Verbindungen (NH3, CH4, H2, CO2, Fe2+, Mn2+) aus dem Gestein herausgelöst. Die üppig wachsende Fauna ist aber darauf zurückzuführen, dass die reduzierten Verbindungen mit Sauerstoff, der aus der Photosynthese stammt, oxidiert werden können.


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